Detail

Drucken

Langeweile ist politisch

Autor
Ohlmeier, Silke

Langeweile ist politisch

Untertitel
Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät
Beschreibung

Warum sollten wir über Langeweile nachdenken – haben wir keine größeren Probleme?!? Doch, sagt Silke Ohlmeier, wir haben größere Probleme, aber die sind viel enger mit dem für uns alltäglichen und deshalb vielleicht unscheinbaren Phänomen der Langeweile verknüpft als wir es für möglich halten würden. In ihrem Buch Langeweile ist politisch. Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät zeigt die Soziologin, was Langeweile mit den großen Problemen unserer Zeit – Klassismus, Sexismus, Rassismus und Ableismus – zu tun hat und geht in überaus kurzweiliger Art und Weise impliziten Annahmen darüber, wie wir arbeiten und Zeit verbringen sollten, auf den Grund.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Leykam Verlag, 2023
Seiten
192
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-7011-8270-1
Preis
23,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Silke Ohlmeier, geboren 1986, hat nach der Schule zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau in einem Busunternehmen absolviert. Angetrieben von der Erfahrung extremer Langeweile während dieser Zeit wurde sie Soziologin und machte die Langeweile zum Thema ihrer Dissertation. Sie hat bereits drei Fachartikel zum Thema Langeweile veröffentlicht und ist Mitglied der International Society for Boredom Studies. Parallel zu ihrer Promotion arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken.

Zum Buch:

Warum sollten wir über Langeweile nachdenken – haben wir keine größeren Probleme?!? Doch, sagt Silke Ohlmeier, wir haben größere Probleme, aber die sind viel enger mit dem für uns alltäglichen und deshalb vielleicht unscheinbaren Phänomen der Langeweile verknüpft als wir es für möglich halten würden. In ihrem Buch Langeweile ist politisch. Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät zeigt die Soziologin, was Langeweile mit den großen Problemen unserer Zeit – Klassismus, Sexismus, Rassismus und Ableismus – zu tun hat und geht in überaus kurzweiliger Art und Weise impliziten Annahmen darüber, wie wir arbeiten und Zeit verbringen sollten, auf den Grund.

Silke Ohlmeier ist Soziologin, das Buch ist aus ihrer Dissertation entstanden. Es ist beeindruckend, wie es ihr gelungen ist, aus der wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit einen so wunderbar lesbaren Text zu machen, ohne dass er dadurch an Tiefe und Differenziertheit verliert. Sie beginnt mit ihrer sehr persönlichen Beziehung zur Langeweile: Als junge Frau begann sie eine Ausbildung als Industriekauffrau in einem Busunternehmen. Obwohl sie sich bei ihrer Arbeit zu Tode langweilte und ihr die Zeit endlos vorkam, beendete sie ihre Ausbildung erfolgreich nach drei Jahren. Ihre Klagen nahm niemand in ihrem Umfeld ernst, und so kam sie gar nicht erst auf die Idee, ihre Ausbildung abzubrechen. In dem Milieu, in dem sie sich damals bewegte, war Langeweile schlicht kein legitimer Grund, eine Ausbildung abzubrechen. Die Soziologin von heute weiß: sich nicht zu langweilen ist ein Privileg, das in der Gesellschaft ungleich verteilt ist, was aber nicht genügend thematisiert wird. Und so macht sie es sich zur Aufgabe, über Missverständnisse über die Langeweile aufzuklären (z.B.: „Menschen, die sich langweilen, sind zu dumm, um sich anregend zu beschäftigen“ und nein, Langeweile verschont auch die oberen Klassen der Gesellschaft nicht).

Es ist so faszinierend wie überzeugend, wie Silke Ohlmeier die innige Verstrickung von Kapitalismus mit Langeweile analysiert. Informativ und unterhaltsam dröselt sie zentrale Begriffe rund um die Langeweile auf, wie Produktivität, Sinnstiftung, erfüllte Zeit und Selbstverwirklichung, und lässt so ein altbekanntes Phänomen in völlig neuem Licht erscheinen. Es gelingt Ohlmeier, zur kritischen Reflektion anzuregen – und plötzlich scheinen auch die ganz großen Probleme unserer Zeit verständlicher.

Alena Heinritz, Innsbruck