Zum Buch:
Da sind sie wieder, Bär und Wiesel, die Jörg Mühle vor ein paar Jahren in die Kinderzimmer gezaubert hat. Und ja, sie streiten sich. Ja, ja, ja, das tun sie immer wieder. Aber mitunter hat man den Eindruck, sie tun das gar nicht so ungern. Denn eines ist klar: Nur wer sich streiten kann, kann sich auch wieder versöhnen.
Es ist Winter, der Schnee liegt knie-, nein halshoch auf Kommoden, Bäumen und Büschen, und Bär und Wiesel schippen und fegen, was das Zeug hält. Da passiert es: Bär schippt voller Schwung ne ganze Ladung Schnee nicht irgendwohin, sondern mitten auf seinen Freund. Absicht? Versehen? Wer weiß das schon. Wiesel aber ist der Meinung, so oder so müsse Bär sich gefälligst entschuldigen. Und schon geht er los, der Streit, denn wieso sollte man sich für etwas entschuldigen, was man gar nicht absichtlich gemacht hat? Und kommt die Entschuldigung dann wirklich von Herzen?
Jörg Mühle gelingt es immer wieder, mit sehr viel Ironie unsere menschlichen Schwächen, unser Fehlverhalten, unser Recht-Haben-Wollen tatsächlich auf die Schippe zu nehmen. Was auf den ersten Blick wie Kinderkram wirkt, hält auf den zweiten Blick auch den Erwachsenen den Spiegel vor. Das Schönste daran aber ist, dass Jörg Mühle das nicht mit erhobenem Zeigefinger tut, sondern voller Witz und Lebenslust. Und so endet die Geschichte nicht in einem klugen Spruch, einer Weisheit oder einem pädagogischen Gleichnis, sondern in einer Schneeballschlacht: Jeder Treffer eine „Entschuldigung“, ein „Tut mir leid“, ein „Das war doch keine Absicht!“
Und nicht zu verschweigen: Mühles Kunst ist nicht nur eine der Worte, sondern auch der Bilder. Die mit klaren Konturen gezeichneten Figuren stehen im Zentrum seiner Illustrationen. Bär und Wiesel schmollen und tollen und streiten unter blauem Himmel in den weißen Schneemassen und erzählen mit selbstbewusstem Strich von ihren Gemütsregungen. Wer mehr davon will, kommt am Buchmesse-Freitag um 11 Uhr ins Struwwelpeter Museum nach Frankfurt.
Ines Lauffer, Frankfurt a. M.