Zum Buch:
Nichts ist schlimmer, als nichts zu tun im Angesicht der großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Rechtsruck und Kriegsgeschehen. Bin ich politisch? Hat nicht alles, was wir tun oder eben auch nicht tun, Auswirkungen auf andere und unsere Welt? Die Entwicklung eines solchen Blicks auf das eigene Handeln steht im Zentrum von Cesy Leonards Arbeit. „Wir empowern Menschen, radikal empathisch mit Aktionskunst ins politische Handeln zu kommen.“ Folgerichtig lautet der Untertitel ihres gerade frisch erschienenen Buches auch „Gegen die Gleichgültigkeit“. Genau das ist es, wofür sich die Aktionskünstlerin und Gründerin der Radikalen Töchter mit Aktionskunst und Mut-Muskel-Workshops in ungetrübter Kreativität einsetzt.
In ihrem Buch vermittelt die Autorin einerseits ihre Erfahrungen mit der aktiven Anleitung zur Selbstermächtigung marginalisierter Gruppen und macht andererseits Jeder und Jedem Lust darauf, ins Handeln zu kommen. Leonard beschreibt die tief verwurzelten Auswirkungen unserer patriarchalen Prägung, die systematische Auslassung innerhalb der Geschichtsschreibung von Errungenschaften und Veränderungen, die von Frauen erkämpft wurden und belegt die immer noch schleppend vorangehende Repräsentation von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund im Bundestag mit aktuellen Zahlen.
Eine weitere Beobachtung Cesy Leonards ist, dass Mut genauso ansteckend ist wie lähmende Resignation. Allerdings geht es aus ihrer Sicht nicht darum, mutig zu werden, sondern den eigenen Mut zu entdecken, der längst da und in jedem Menschen gleichermaßen angelegt ist. Sie erzählt von individuellen Geschichten, in denen Menschen über sich hinauswachsen, weil sie einen Weg aus der eigenen Ohnmacht gefunden haben. Hoffnung statt Frustration, Handlung statt Stillstand. Für viele Menschen gilt es laut der Autorin vor allem zu entdecken, dass Politik sich nicht auf abstrakte, ferne Regierungsstrukturen beschränkt, sondern am eigenen Küchentisch beginnt. Plakate entwerfen, Flyer verteilen oder die eigene Meinung im Rahmen eines Flashmobs sichtbar zu machen ist erst der Anfang. Der Mut-Muskel wächst mit jedem Einsatz, empowert andere, multipliziert die Energie der Teilnehmenden und stellt sich den Einschüchterungsversuchen der vermeintlich Mächtigen entgegen. Am Ende von Machen macht Mut formuliert Leonard ihre eigenen 10 Prinzipien für feministisch-demokratisches Engagement. Punkt 8 lautet: „Ich bin nicht allein – ich kann Banden bilden.“ Damit diese demokratiefördernden Banden sich an immer mehr Orten zusammentun und gemeinsam über sich hinaus wachsen , sollte das hier empfohlene, gut recherchierte und für jeden lesbare Buch in möglichst viele Hände, vielleicht sogar in die Klassenzimmer gelangen.
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt