Alle Empfehlungen

Drucken

Alle Empfehlungen

Autor
Gowdy, Barbara

Hilflos

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Ulrike Becker
Beschreibung

Die neunjährige Rachel ist ein auffallend schönes und aufgewecktes Mädchen, das alle Blicke auf sich zieht. Blicke, die ihre Mutter Celia beunruhigen. Rachel weiß das und verheimlicht, dass da ein Mann in einem weißen Lieferwagen vor ihrem Haus parkt, derselbe, den sie schon vor ihrer Schule bemerkt hat.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Kunstmann, 2007
Format
Gebunden
Seiten
360 Seiten
ISBN/EAN
978-3-88897-462-5
Preis
19,90 EUR

Zum Buch:

Die neunjährige Rachel ist ein auffallend schönes und aufgewecktes Mädchen, das alle Blicke auf sich zieht. Blicke, die ihre Mutter Celia beunruhigen. Rachel weiß das und verheimlicht, dass da ein Mann in einem weißen Lieferwagen vor ihrem Haus parkt, derselbe, den sie schon vor ihrer Schule bemerkt hat.

Ein Mann, der an Schulhöfen herumlungert und Kinder beobachtet, entführt ein Mädchen und steckt es in einen liebevoll ausgestalteten Keller. Will man so etwas eigentlich noch lesen? Wo kaum ein Krimi noch ohne Mißbrauchsthematik funktioniert, von der in den Medien breit ausgewalzten Realität ganz zu schweigen. Und wenn dann der Titel des Buches auch noch Hilflos heißt, fragt man sich, welche Instinkte hier angesprochen werden sollen.

Nun ist die Autorin dieses Buches allerdings Barbara Gowdy, die es meisterhaft versteht, dem Leser in ihren Romanen und Erzählungen die Gefühls- und Lebenswelten unterschiedlichster Wesen erfahrbar zu machen. Gleich, ob es sich um drei Schwestern und ihre exzentrische Familie handelt (Fallende Engel), ob es vom Sexleben von Mißgebildeten, Exhibitionisten und Freaks handelt (Seltsam wie die Liebe) oder ob es um Elefanten geht (Der weiße Knochen).

Ihr neuester Roman kreist um fünf Hauptpersonen: Ron ist der “Täter”: dicklich, schwitzend, Liebhaber des Schönen – gleich, ob es sich um die eleganten Formen und die ausgefeilte Technik musealer Staubsauger handelt oder um den zarten Schmelz vorpubertärer Mädchen. Die neunjährige Rachel, ein auffallend schönes Mädchen, ist das “Opfer”. Rachels Mutter Celia weiß um die Gefährdung, die in Rachels Reiz liegt, nutzt ihn freilich selbst auch aus. Und sie weiß auch, dass sie ihrer Tochter nicht den Schutz gibt, den diese bräuchte. Rons Freundin, Partnerin, Geliebte (nichts davon trifft es wirklich) hat das Temperament eines mageren Hündchens, dass um den Knochen Zuneigung bettelt. Und dann ist da noch Mika, der Vermieter der Wohnung, in der Rachel und ihre Mutter leben. Ein Schwuler mit ausgeprägtem Familiensinn.

Gowdys schriftstellerisches Können liegt darin, diese Geschichte vielschichtig zu erzählen, sie wird nie grell. Bei aller Spannung, rennt Gowdy ihrem Plot nicht hinterher und sie bedient keines der zu erwartenden Klischees, die man befürchtet. Denn letztlich, und das erwartet man bei diesem Thema wirklich nicht unbedingt, handelt das ganze Buch von Liebe. Und darin sind alle Beteiligten – hilflos.

Ruth Roebke, autorenbuchhandlung Marx & co, Frankfurt