Zum Buch:
Sie wanderten jeden März aus Vorarlberg, Tirol und Graubünden zu tausenden nach Schwaben, um dort über den Sommer für Kost und Logis bei einem reichen Bauern unterzukommen: Dieser gut recherchierte Tatsachenroman erzählt die großen und kleinen täglichen Abenteuer der Schwabenkinder auf den Höfen fern ihrer Heimat. Spannend für Leser aller Altersstufen ab zehn.
In der Schule erfahren Jakob und sein jüngerer Bruder Kilian, dass am nächsten Tag die Abreise der Kinder bevorsteht, die sich im Schwabenland bei einem Bauern verdingen müssen. In ihren Familien reicht es vorne und hinten nicht für Essen und Kleidung. Sie werden bei Schnee und Kälte von Galtür in Tirol über die Berge nach Ravensburg auf den Kindermarkt wandern. Mit dem Mesmer Gruber brechen 18 Kinder auf, unter ihnen auch Jakob und Kilian. Die Eltern haben es so entschieden und beiden erst beim Abendessen gesagt.
Der verwitwete Bauer Hartmann, bei dem Jakob unterkommt, ist ein guter Mensch, sein Knecht Hermann aber, mit dem Jakob die Kammer teilt, ein hundsgemeiner Kerl, der immer wieder versucht, Jakob bei dem Bauern anzuschwärzen. Gottlob gelingt ihm das nicht. Kilian trifft es schlechter. Der Rohrmoser Bauer trinkt zu viel und ihm rutscht die Hand öfter aus, als Kilian sich ducken kann. Im Stall und auf dem Hof, bei der Heu- und die Getreideernte, beim zweiten Grasschnitt – überall müssen die Kinder mitarbeiten. An Schule und Unterricht ist in dieser Zeit überhaupt nicht zu denken. Wie es ihrer Familie in Tirol wohl gehen mag? Ob das Geschwisterchen schon geboren ist? Warum sind die Reichen reich und die Armen arm? Auch das fragt sich Jakob immer öfter.
Für Jakob und Kilian nimmt der Sommer ein gutes Ende, sie brechen mit dem ausgemachten Lohn und doppelter Häs, also der zweifachen Ausstattung mit Kleidung von Kopf bis Fuß, an Sankt Martini wieder auf nach Galtür. Vor ihnen sind viele gegangen: Das “Schwabengehen” begann, so der Autor im Nachwort, vor etwa vierhundert Jahren. Und es werden noch viele nach ihnen kommen, denn bis 1950 verdingte man in Deutschland Kinder auf Höfen. Ihre billige Arbeitskraft steigerte den Gewinn – in der heutigen globalisierten Welt wieder ein ganz aktuelles Thema.
Susanne Rikl, München