Zum Buch:
Eine Nacht alleine in einem Museum eingeschlossen, eine Nacht in langen Sälen und Gängen mit einem Feldbett als Ruhemöglichkeit. Eine Nacht lang Kunstwerke betrachten können, ohne sich durch Scharen anderer Besucher hindurchkämpfen zu müssen. Aber auch eingeschlossen in Leere und Stille. Was wäre das – Traum oder Alptraum?
Als die Lektorin ihres Verlags die französisch-marokkanische Erfolgsautorin Leïla Slimani fragt, ob sie an ihrem Projekt Meine Nacht im Museum teilnehmen und sich dafür in dem venezianischen Museum für moderne Kunst, der Punta della Dogana einschließen lassen möchte, reagiert Slimani zunächst ablehnend. Die Aussicht, alle Kunstwerke dieses Museums für sich allein zu haben, lässt sie kalt. Einzig die Idee findet sie reizvoll, sich für eine Nacht den Traum vieler Schriftsteller zu erfüllen, sich von allen äußeren Einflüssen abzuschließen, um schreiben zu können. Darüber hinaus befürchtet sie, nur den Schwierigkeiten auszuweichen, die sie gerade mit ihrem neuen Roman hat. Aber letztlich sagt sie ja, und so schließen sich eines Abends die Türen des Museums hinter ihr.
Nach einer anfänglichen Phase des Unbehagens – das üppige Abendessen, Schläfrigkeit, das Gefühl, völlig fehl am Platz zu sein – beginnt sie, durch die Säle zu wandern. Das Betrachten der Kunstwerke, mehr aber noch diese außergewöhnliche Situation rufen eine Flut von Assoziationen, Gedanken, Erinnerungen und Reflektionen in ihr hervor. Über ihre Herkunft in Marokko und ihr jetziges Leben in Frankreich, über die Zerrissenheit zwischen beiden Welten und dem Gefühl, keiner der Sphären wirklich anzugehören – oder es vielleicht gar nicht zu wollen. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, an die Familie und besonders an ihren Vater. Sie reflektiert über ihre Rolle als eine in der Öffentlichkeit wahrgenommene Stimme: als Literatin, als politisch engagierte Frau und Feministin. Vor allem aber beschäftigt sie die Frage, was all das für ihr Schreiben bedeutet.
Der Duft der Blumen bei Nacht ist ein sehr persönlicher Text, der aber über das rein Private hinausweist, weil die Autorin nicht im Anekdotischen stecken bleibt. Am Ende der Nacht verlässt sie, geweckt von einer morgendlichen Putzkraft, erleichtert das Museum, um in das nächste geöffnete Café zu gehen, einen doppelten Espresso zu trinken und eine lang ersehnte Zigarette zu rauchen – ein kurzer Moment im Freien, bevor sie in die eigene Schriftstellerhöhle und zu ihren Figuren zurückkehren wird.
Ruth Roebke, Frankfurt