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Sprachdämmerung

Autor
Trabant, Jürgen

Sprachdämmerung

Untertitel
Eine Verteidigung
Beschreibung

Sprache ist heute zum Gegenstand zahlloser Diskussionen geworden. Gestritten wird über politisch korrekte, gendergerechte und dekolonialisierte Sprache genauso erbittert wie über „Denglisch“, „Kanak Sprak“ und andere Verstöße gegen die „Reinheit“ des Deutschen. Jürgen Trabants neues Buch Sprachdämmerung. Eine Verteidigung lässt sich auf all diese erregten Diskussionen nicht ein, ihm geht es primär um die Sorge um das Verschwinden der sprachlichen Diversität, deren Folge für das Denken in seinen Augen genauso schwerwiegend sind wie das Schwinden der Biodiversität für die Umwelt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
C.H.Beck Verlag, 2020
Seiten
240
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-406-75015-1
Preis
29,95 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Jürgen Trabant ist emeritierter Professor für Sprachwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Er hatte zahlreiche Gastprofessuren im In- und Ausland inne und lehrte als Professor für “European Plurilingualism” an der Jacobs University Bremen.

Zum Buch:

Sprache ist heute zum Gegenstand zahlloser Diskussionen geworden. Gestritten wird über politisch korrekte, gendergerechte und dekolonialisierte Sprache genauso erbittert wie über „Denglisch“, „Kanak Sprak“ und andere Verstöße gegen die „Reinheit“ des Deutschen. Jürgen Trabants neues Buch Sprachdämmerung. Eine Verteidigung lässt sich auf all diese erregten Diskussionen nicht ein, ihm geht es primär um die Sorge um das Verschwinden der sprachlichen Diversität, deren Folge für das Denken in seinen Augen genauso schwerwiegend sind wie das Schwinden der Biodiversität für die Umwelt. Denn in den vielen Sprachen der Welt sieht er mit Wilhelm von Humboldt viele verschiedene „Weltansichten“ aufgehoben, deren Entwicklung und Austausch Philosophie, Kunst und Wissenschaft ungeheuer bereichern. Sprache ist für ihn ein Mittel der Kognition, das heißt, Menschen denken in Sprache, und eben nicht nur, wie für Aristoteles, ein System von Lauten im Dienste der Kommunikation über Dinge, die alle Menschen in dieselben mentalen Bilder fassen.

Auf der Basis dieser beiden Sprachtheorien nimmt uns Trabant mit auf einen faszinierenden Ausflug durch die europäische Geistesgeschichte, zeigt den Aufstieg der Volkssprachen gegenüber der Wissenschafts- und Weltsprache Latein und ihre diversen Rückfälle in neue Einheitssprachen, seien sie französisch oder englisch, je nach den politischen und kulturellen Machtverhältnissen, und betrachtet den gegenwärtigen praktisch unaufhaltsamen Aufstieg des „Amerikanischen“ als Sprache der Eliten und der Wissenschaft. Er geht auf die gescheiterten Versuche von englischen Aufklärern und französischen Jakobinern ein, durch sprachliche Regelungen „falsches Denken“ zu bekämpfen, und weist dezent immer wieder darauf hin, das bei allem Zusammenhang von Sprache und Denken die Sprache keineswegs ein Gefängnis ist, in dem das Denken eingesperrt wird.

All diese Überlegungen bietet er uns in einer so eleganten, lesbaren und verständlichen Sprache an, dass es eine wahre Freude ist. Die häufig eingestreuten persönlichen Erfahrungen, die anschaulichen Beispiele und die ganze Anmutung des Buches, dem jede Herablassung fehlt, machen es, ich kann es nicht anders sagen, so freundlich, wie man es von wissenschaftlichen Werken zu durchaus komplizierten Themen selten findet. Und auch darin äußert sich eine Liebe zur Sprache und zu Sprachen, die einfach ansteckend ist. Auch wenn man dem Autor nicht in allem folgen wird, das Buch bietet reichlich anregenden Stoff zum Nachdenken, gerade auch über die anfangs erwähnten Debatten und Probleme von heute.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main