Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Schertenleib, Hansjörg

Palast der Stille

Untertitel
Beschreibung

Spruce Head Island ist eine kleine Insel in Maine, nördlich von Boston gelegen. Hier verbringt ein Schriftsteller den Winter, allein mit seiner Katze in einem kleinen Cottage, das er zusammen mit seiner Frau gekauft hat. Er liebt die Einsamkeit, die Stille, die einfachen Tätigkeiten. Schaufelt den nicht enden wollenden Schnee, blickt auf das Meer. Beschreibt, was er sieht und tut und hält Rückschau auf sein Leben und Schreiben.

Palast der Stille ist ein schmales Buch. Schertenleib erzählt in einer ruhigen, klaren Sprache von einer lebenslangen Suche nach selbstbestimmtem Leben und Schreiben und der großen Kunst, nichts mehr erreichen zu wollen.
(ausführliche Besrpechung unten)

Verlag
Kampa Verlag, 2020
Format
Gebunden
Seiten
176 Seiten
ISBN/EAN
9783311210139
Preis
18,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Hansjörg Schertenleib, geboren 1957 in Zürich, ist gelernter Schriftsetzer und Typograph. Seine Romane wie der Bestseller »Das Regenorchester« wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Zwanzig Jahre lang lebte Schertenleib, der auch aus dem Englischen übersetzt, in Irland. Heute pendelt er zwischen der Schweiz und Spruce Head Island in Maine, USA.

Zum Buch:

Ein Schriftsteller (wer will, mag ihn Hansjörg Schertenleib nennen) überwintert in einem Cottage auf Spruce Head Island, einer kleinen Insel in Maine. Er bewohnt 57 Quadratmeter – Wohnküche, Schlafzimmer, Bad, kein Arbeitszimmer. „Welche Erleichterung“ schreibt er. Er war an einem Punkt angekommen, an dem er nur noch weg wollte aus der geschäftigen Welt, aus dem Literaturbetrieb, dem ständigen Müssen und Wollen. Seine Frau und er hatten das Cottage spontan gekauft, und nun verlebt er dort den dritten Winter, allein mit seiner Katze Smilla.

Er ist in seinem sechzigsten Jahr und „… ist bereit, erneut ein anderer zu werden.“ Sein Leben ist einfach geworden. Internet und TV hat er abschalten lassen, einmal in der Woche liest er die Lokalzeitung. Er schippt Wege in den stetig fallenden Schnee, hackt Brennholz, sitzt am Fenster und beobachtet das Meer, die Lobsterboote in der Bucht, Tiere und Vögel. Beschreibt, was er sieht und tut, hält Rückschau auf sein Leben und Schreiben. Einsamkeit und Stille haben ihn nie geschreckt, und er hat gelernt, das „Nichtstun“ anzunehmen.

Palast der Stille erzählt von einer Gegenwärtigkeit, die wohl nur so, außerhalb des alltäglichen Trubels, erlebbar ist. Wenn das Alleinsein wichtiger geworden ist als ein Leben im Getriebe der Menschen. „Das Reich der Wehmut, die Vergangenheit, (ist) mir wichtiger denn der Ort der Sehnsucht, die Zukunft.“ Er erinnert sich an seine Kindheit in der Schweiz und in Österreich, an den kurzsichtigen Jungen, der mit 17 Jahren das Lesen und die Freude am Alleinsein entdeckt. Der schon während der Lehre als Schriftsetzer zu schreiben beginnt und – das hat ihn sein alter Onkel Leopold gelehrt – schon früh darum kämpft, sich darin unabhängig von dem Urteil der anderen zu machen.

In dem Text fließen Jetzt und Vergangenheit, Beobachtetes und Erinnertes ineinander, durchdringen sich und verschmelzen zu einer Einheit. Schertenleib erzählt von einer lebenslangen Suche nach selbstbestimmtem Leben und Schreiben und der großen Kunst, nichts mehr erreichen zu wollen. Wie in einem Vexierbild wechselt die Erzählung zwischen ICH und ER, zwischen Autor/Erzähler und erzählter Figur, und das ganz unverkrampft, mit großer Leichtigkeit und Eleganz. Palast der Stille ist ein schmales Buch mit großem Tiefgang, voller Poesie und Klarheit. Ein Glücksfall für Leser!

Ruth Roebke, Bochum