Zum Buch:
Ein alter Mann wandelt durch sein Lebenswerk, ein anatomisches Museum, das schon lange keine Besucher mehr gesehen hat. Unerwartet zu Geld gekommen, hat er es dem medizinischen Institut einer inmitten von Hügeln gelegenen Kleinstadt abgekauft, um seinen Traum zu verwirklichen: das Erforschen der Wege, die die Schallwellen eines gesprochenen Satzes in den Gehörgängen und Gehirnen von Geschöpfen – Menschen wie Tieren – nehmen.
Unerhörtes reflektiert der alte Mann auf seinem Weg durch die Ausstellungsräume, die sich im oberen Stockwerk eines alten Mietshauses befinden. Dabei enthüllt er seine sehr persönlichen Beziehungen zu den Exponaten, die sich nicht nur in der räumlichen Nähe, im Betrachten und Sinnieren über das von ihm Wahrgenommene erschöpfen. Seine Biographie ist mit der “Schönen Beischläferin”, einer im 19. Jahrhundert obduzierten Schwangeren, die sich in der Seine ertränkte, genauso verflochten wie mit der Totenmaske von Robespierre. Und wenn der alte Mann gegen Ende der Novelle die “Untendrunterwohnerin”, wie er die Nachbarin aus dem Parterre nennt, an die Tür des Museums klopfen hört, haben wir ihn durch sein ganzes Leben begleitet.
Innen und Außen, Körper und Seele, Leben und Tod – aus diesen Gegensätzen gebiert die Autorin der Novelle mit tastenden, präzisen Worten und Bildern in immer wieder neuen Wendungen Überraschendes. Ein literarischer Wurf, so originell wie skurril, so spektakulär wie einzigartig.
Susanne Rikl, München